Scham im Kontext des palliativmedizinischen Alltages

Unter diesem Titel veranstaltete das Team der Klinik für Palliativmedizin der Zentralklinik Bad Berka unter Leitung der Chefärztin Dr. med. Beate Will am 13.04. 2016 wieder ein sehr interessantes und praxisnahes Symposium. 

Zum Thema "Scham - Hüterin des Selbst" führte Frau Dr. med. Irene Misselwitz, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychoanalytik aus Jena einleitend die Zuhörer bis zu den Anfängen dieses Gefühls bei Adam und Eva. An einem Krankheitsverlauf zeigten sie die vielen Facetten dieser für Arzt und Patienten oft sehr heftigen und unangenehmen Regung. Warum schämen sich Menschen manchmal ohne ersichtlichen Grund? Die Ursachen liegen meist weit zurück in der Lebensgeschichte. Und einer wichtigen Schlussfolgerung stimmten die Zuhörer hierbei einstimmig zu: Man darf Kinder nicht mutwillig beschämen. Der angerichtete Schaden ist oft nicht absehbar und irreparabel.     

Warum schämen sich Menschen manchmal ohne ersichtlichen Grund?


Herr Matthias Keschke, der über umfangreiche Erfahrungen zu diesem Thema aus seiner Arbeit als Palliativ-, Hospiz- und Pflegedienstleiter verfügt, hob in seinem Vortrag hervor, wie wichtig die Haltung aller Behandler ist, beschämende Situationen im Alltagstrubel wahrzunehmen. Oft sind es einfache Dinge, wie ein verdeckter Urinbeutel, die die beschämende Situation erleichtern können. 

 

Am Ende erfuhren die Zuhörer von Herrn Oberarzt Dr.med. Stephan Heiland und Schwester Berit Sayer eine fast unglaubliche Krankengeschichte: Eine Patientin hatte einen fortgeschrittenen Brustkrebs aus Scham vor ihrem Ehemann lange Zeit verborgen, obwohl der Krebs bereits den Brustkorb betroffen und offene Wunden verursacht hatte. Zunächst waren in dieser Situation auch die Behandler beschämt und überfordert. Schließlich gelang es mit viel Geduld, Sensibilität und professioneller Wundversorgung eine zufriedenstellende Situation für das Ehepaar zu erarbeiten.

 

Die Zuhörer im gut gefüllten Hörsaal der Station 33, unter denen auch die Chefärztin der Ilmenauer Klinik für Palliativmedizin, Frau Dr. med. Heike Schlegel-Höfner, und Herr Oberarzt Helmut Krause aus den llm-Kreis-Kliniken waren, tauschten anschließend angeregt ihre eigenen Erfahrungen zum Thema aus und gingen wie immer mit vielen Anregungen zum Umgang mit Scham im palliativmedizinischen Alltag nach Hause.  

 

Bericht von Frau Dr. med. M. Brocke (stellv. Vorsitzende unseres Fördervereins)

Oft sind es einfache Dinge, die eine beschämende Situation erleichtern können.