"Therapie bis zum Ende oder Ende der Therapie - Ethische Entscheidungsfindungen am Lebensende"

Unter diesem anspruchsvollen Titel fand am 17.06.2015 in der Zentralklinik Bad Berka eine multiprofessionelle Fortbildung mit einem angeregten und interessanten Erfahrungsaustausch statt. Geleitet wurde die Veranstaltung durch Frau Dr. med. Beate Will, Chefärztin der Klinik für Palliativmedizin.

Am Beispiel einer jungen, an Brustkrebs erkrankten Patientin beschrieben die an der Betreuung beteiligten Mitarbeiter ambulanter und stationärer Dienste die Aspekte der Entscheidungsfindung in den einzelnen Krankheitsstadien.

Das Team der Palliativstation Bad Berka, das SAPV-Team Palliatus Weimar und das Team des ambulanten Hospizdienstes Arnstadt schilderten ihre Erfahrungen und Eindrücke. Die widersprüchlichen und oft wechselnden Gefühle und Gedanken in Phasen der Konsolidierung einerseits und Verschlechterung des Zustandes andererseits wurden sehr eindrucksvoll wiedergegeben. 

 

Zur Sprache kam in diesem Zusammenhang auch die Rationierungsdebatte in der Palliativmedizin unter dem Aspekt: Welche Kosten sind vertretbar, um einem Patienten in einer palliativen Situation ein Jahr mit guter Lebensqualität zu ermöglichen? – Einer Untersuchung des nationalen englischen Gesundheitsdienstes (NHS) zufolge gibt es Berechnungen, die von 30.000 britischen Pfund ausgehen. Voraussetzung für Kostenberechnungen sind Prognosen. Diskutiert wurde erneut die Unmöglichkeit einer Prognoseabschätzung im individuellen Fall, die von Angehörigen und Patienten immer wieder angesprochen wird. Im Ergebnis der Fallerörterung blieb beim Zuhörer der Eindruck, dass enge Vernetzung und hervorragende Kommunikation der beteiligten Fachbereiche sehr hilfreich war.

 

Im zweiten Teil der Veranstaltung sprach der Göttinger Palliativmediziner PD Dr. med. Bernd Alt-Epping über die Kriterien der Therapiebegrenzung und des ärztlichen Handelns am Lebensende. Er hatte über den oft zitierten Leitsatz von Cicely Saunders "Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben" noch einmal vor Ort nachgeschlagen. In der Bibliothek des St. Christophers Hospital in Sydenham las er ihre Worte noch einmal im Original, die wörtlich übersetzt ein klein wenig anders klingen: "Man kann den Tagen mehr Leben geben, auch wenn man dem Leben nicht mehr Tage geben kann".

 

Diskutiert wurde auch über Probleme bei der Definition von Lebensqualität unter dem Aspekt, eine Indikation empirisch zu begründen. Am Ende der Entscheidungsfindung steht im Idealfall eine Situation/Diagnose mit rechtfertigendem Handlungsdruck. Wie viele Aspekte hier zu berücksichtigen sind, wurde am Beispiel der Reanimation in der palliativen Situation diskutiert. Laut einer Umfrage wünschen sich ca. 58 % der Patienten mit lebensbedrohender Krankheit und absehbar begrenzter Lebenserwartung die Wiederbelebung. Patientenverfügung und Vollmacht helfen nicht immer weiter, wenn man den aktuellen mutmaßlichen Willen des Patienten nicht kennt. Hilfe können hier die Richtlinien der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung geben (Dt. Ärzteblatt 2011).


Wie brisant die diskutierten Themen sind, zeigte die Teilnehmerzahl. Der Veranstaltung war sehr gut besucht, die Sitzplätze im Hörsaal der Zentralklinik Bad Berka reichten nicht aus. Vom Verein zur Förderung der Palliativmedizin im Ilm-Kreis e.V. nahmen Dr. Lothar Zeuner und Frau Dr. Marion Brocke teil.

 

Autor: Dr. med. Marion Brocke, stellv. Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Palliativmedizin im Ilm-Kreis e.V.